Wie im Nacherzählen vom Unterricht gemeinsames Wissen darüber sichtbar wird
Warum haben wir an bestimmte Unterrichtsprojekte keine guten Erinnerungen, sondern verbinden damit sogar ein unbehagliches Gefühl? Diese Frage war der Ausgangspunkt, um mit Lehrpersonen über solche Unterrichtsprojekte Gespräche zu führen. Bald jedoch zog die Art und Weise dieser Erzählungen mein Interesse auf sich. Es zeigte sich, dass die Erzählenden ihre Gedanken oft nicht vollständig ausführten und Dinge lediglich andeuteten.
In meinem Beitrag zeige ich auf, wie ich diese Erzählungen als Unterrichtsgeschichten schriftlich aufbereite, dabei Spuren verfolge und mich selbst ins Spiel bringe, um Lückenhaftes zu ergänzen. So war es manchmal das Nebensächliche in Formulierungen, dem ich wie einer Spur folgte, oder manchmal waren es tatsächliche Pausen im Gespräch. Als Leerstellen wiesen sie darauf hin, dass Gedanken im Spiel waren, die nicht explizit ausformuliert wurden.
Durch meine Praxis als „Lückenfüllerin“ in diesen Geschichten verdeutliche ich die Gründe für die unbehaglichen Momente im Unterricht und schaffe somit auch eine Methode, um Implizites, wie etwa Erwartungen, die Lehrpersonen an sich selbst richten, oder ihre fachlichen Selbstverständlichkeiten zu explizieren.
Es stellt sich die Frage nach der Verantwortung für die Auswahl von signifikanten Lücken. Ich sehe in der gemeinschaftlichen Weiterführung dieses Prozesses des gemeinsamen und demokratischen Geschichtenerzählens ein Potenzial. Eine solche würde es ermöglichen, Beteiligte in die Urteilsbildung einzubeziehen und diese Praxis als Methode zu überprüfen. Nebenbei entsteht eine Sammlung von unbehaglichen Unterrichtsgeschichten, die einen breiten Erfahrungsschatz widerspiegeln.
Abbildung: Fotografie: J. Dütschler 2023